Romano Prodi

Der italienische Ministerpräsident Romano Prodi
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Foto: REGIERUNGonline/Gebhardt
Romano Prodi
Ministerpräsident
Romano Prodi wurde 1939 in Scandiano (Reggio Emilia) geboren. Seit 1969 ist er mit Flavia Franzoni ver­heiratet; sie haben zwei Söhne, Giorgio und Antonio, sowie zwei Enkelkinder, Chiara und Benedetta.
 
Nach dem Abitur am altsprachlichen Gymnasium Ludovico Ariosto di Reggio Emilia stu­dierte Romano Prodi an der Katholischen Universität Mailand Rechtswissenschaften und legte 1961 sein Examen mit einer Arbeit über den Protektionismus in der Entwicklung der italienischen Industrie bei Professor Siro Lombardini mit dem Prädikat cum laude ab.
 
Sein postgraduales Studium absolvierte er an den Universitäten von Mailand und Bologna und an der London School of Economics bei Professor Basil Yamev, dem Leiter der Abtei­lung für Industrieökonomik. Romano Prodi war auch Gastprofessor an der Universität Har­vard und am Stanford Research Institute. Seine Karriere als Hochschullehrer begann an der Fakultät für politische Wissenschaften der Universität Bologna, wo er als wissenschaftlicher Mitarbeiter (1963), Dozent (1966) und schließlich als ordentlicher Professor für Industrie­organisation und -politik (1971-1999) tätig war. Neben seiner Lehrtätigkeit widmete er sich intensiv der Forschung, zunächst auf zwei klassischen Feldern der Industrieökonomik, der Entwicklung von kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie von Industriegebieten (seine Publikation Ein Entwicklungsmodell in einem Sektor raschen Wachstums: Die Kera­mikindustrie im Bausektor von 1966 ist eine der ersten Studien auf diesem Gebiet) und der Kartellpolitik (Dynamischer Wettbewerb und Marktmacht, erschienen 1967).
 
In der internationalen Fachliteratur erscheint sein Name neben denen Giacomo Becattinis, Franco Momiglianos und Palo Sylos Labinis, dem Gründer der Italienischen Schule für Industrieökonomik. Später konzentrierte sich Prodis Forschungstätigkeit auf das Verhältnis zwischen Markt und Staat, die Privatisierungspolitik, Bildungssysteme und ihre zentrale Rolle bei der Förderung der Wirtschaftsentwicklung und des sozialen Zusammenhalts, auf den Pro­zess der europäischen Integration sowie nach dem Fall der Berliner Mauer auf die Dynamik verschiedener "Kapitalismusmodelle". Der wohltemperierte Kapitalismus von 1995 (Samm­lung von Essays, die in der ersten Hälfte der neunziger Jahre in der Zeitschrift Il Mulino ver­öffentlicht wurden), und Eine Idee von Europa (Bologna 1999) stellen eine Synthese seiner Ausführungen auf all diesen Gebieten dar.
Von 1974 bis 1978 leitete er das Verlagshaus Società Editrice Il Mulino. 1981 gründete er Nomisma, eine der wichtigsten italienischen Gesellschaften für Wirtschaftsstudien, und seit 1995 ist er Vorsitzender ihres wissenschaftlichen Beirates.
 
Prodi hat Leitartikel für die führenden italienischen Tageszeitungen Il Corriere della Sera und Il Sole 24 Ore verfasst. Viele Jahre lang war er Direktor der Wirtschaftszeitschrift L'industria - Rivista di economia e politica industriale. 1992 hielt er im Fernsehsender Raiuno unter dem Titel Il tempo delle scelte (Zeit der Entscheidungen) sechs Vorträge zu wirtschaftlichen The­men. Von November 1978 bis März 1979 war Romano Prodi italienischer Industrieminister.
 
Von November 1982 bis Oktober 1989 war er Präsident der damals größten italienischen Staatsholding Istituto per la Ricostruzione Industriale, IRI. Unter seiner Leitung wurde die Gesellschaft grundlegend saniert und so für einen Transformations- und Privatisierungspro­zess vorbereitet.
Im Mai 1993 übernahm Prodi erneut die Leitung von IRI und führte die Privatisierung wichti­ger Unternehmen durch, darunter Credito Italiano und Banca Commerciale Italiana.
 
Im Februar 1995 gründete Romano Prodi das Mitte-Links-Wahlbündnis Ulivo und trat als dessen Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten an. Bei den Parlamentswahlen im April 1996 besiegte der Ulivo die Mitte-Rechts-Regierungskoalition, woraufhin der italienische Präsident Romano Prodi im Mai 1996 mit der Regierungsbildung beauftragte.
Nach seiner Bestätigung durch das Parlament blieb die Regierung Prodi bis Oktober 1998 im Amt. Ihr gelang es unter anderem, Italien erfolgreich in die Spitzengruppe der Mitgliedsländer der Europäischen Währungsunion zu führen.
 
Im März 1999 wurde Romano Prodi vom Rat der Europäischen Union zum Präsidenten der Europäischen Kommission in Brüssel berufen und im September 1999 vom Europäischen Parlament bestätigt.
 
Während seiner fünfjährigen Tätigkeit als Kommissionspräsident brachte Romano Prodi einige historische Entscheidungen der EU mit auf den Weg, so etwa die Einführung des Euro als gemeinsame EU-Währung und die Erweiterung der EU auf 25 Mitgliedstaaten sowie ihre erfolgreiche und intensive Nachbarschaftspolitik.
 
2005 wurde Romano Prodi Vorsitzender des Mitte-Links-Bündnisses Unione. Nach seinem Sieg in den Vorwahlen im Oktober 2005 wurde er Spitzenkandidat des Ulivo für die Parla­mentswahlen am 9./10. April 2006. Er wurde im Wahlbezirk Emilia-Romagna für die XV. Legislaturperiode zum Mitglied des Abgeordnetenhauses gewählt.
 
Nach der Beauftragung mit der Regierungsbildung durch Staatspräsident Giorgio Napolitano ist Romano Prodi seit dem 17. Mai 2006 Ministerpräsident der 59. italienischen Nachkriegs­regierung.
 
In seiner wissenschaftlichen und politischen Karriere wurde er vielfach ausgezeichnet. So ist er Ehrenmitglied der London School of Economics and Political Sciences (1989) sowie der Real Academia de Ciencias Morales y Políticas, Madrid (1997). Im Mai 1999 erhielt er den Schumpeter-Preis der Wiener Schumpeter Gesellschaft.
 
Ferner wurden ihm mehrere Ehrendoktortitel und Preise verliehen, u.a. von folgenden Institu­tionen:
 
  • Universität Madras, Indien (Januar 1998);
  • Universität Sofia, Bulgarien (Februar 1998);
  • Polytechnische Universität Barcelona, Spanien (Dezember 1998);
  • Brown University in Providence, Rhode Island, USA (Mai 1999);
  • University of Michigan, USA (Dezember 1999);
  • Akademie für Wirtschaftsstudien, Bukarest, Rumänien (Januar 2000);
  • Katholische Universität Löwen, Belgien (Februar 2000);
  • Universität Malta (März 2000);
  • Universität von Modena, Reggio Emilia, Italien;
  • Universität Ottawa, Kanada;
  • Universität Sankt-Gallen, Schweiz (Freiheitspreis 2000);
  • Universität Kyung Hee, Seoul, Korea (Oktober 2000);
  • Universität Pisa, Italien (Oktober 2001);
  • Universität Tirana, Albanien (November 2001);
  • Instituto de Empresa, Madrid, Spanien (MBA-Diplom, Februar 2002);            
  • Universität Oxford, Vereinigtes Königreich (April 2002);
  • Universität Pavia, Italien (Goldmedaille für Wirtschaftswissenschaften, 2002);
  • Universität Skopje, ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien (Februar 2003);
  • Universität Tunis, Tunesien (Ehrendoktor, März 2003);
  • Universität Kalabrien, Italien (Oktober 2003);
  • Universität Turin, Italien (September 2004);
  • Universität Lublin, Polen (Oktober 2004).