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Klimawandel bedroht Weltsicherheit

Mi, 06.06.2007
Mit dem Klimawandel wird die Gefahr von Kriegen, Flucht und Krisen steigen. Wasser und Nahrung können wegen der Erderwärmung knapper werden, der Streit darum heftiger. Zu diesem Ergebnis kommt der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU). 
Der Beirat präsentierte am Mittwoch in Berlin das Gutachten "Sicherheitsrisiko Klimawandel".
 
Ohne ein entsprechendes Gegensteuern drohe in einigen Weltregionen innerstaatlicher Zerfall und Destabilisierung. Weiterhin könne es zu zwischenstaatlichen Konflikten kommen. Damit sei das internationale System überfordert. Die Klimapolitik sei für eine präventive Sicherheitspolitik wesentlich, heißt es im Gutachten.  
 
"Der Klimawandel ist das größte Sicherheitsproblem, mit dem wir uns zurzeit konfrontiert sehen. Wir brauchen Investitionen für den Klimawandel und nicht in die Rüstungsindustrie", sagte Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul. "Die Verantwortlichen sind die Industrieländer, die Sicherheits- und Klimaprobleme jedoch liegen bei den Entwicklungsländern", sagte sie weiter.
 

Gemeinsames Handeln nötig  

 
Das Thema sei kein neues, erklärte Staatssekretär Michael Müller vom Bundesumweltministerium bei der Übergabe des Gutachtens. Allerdings hätten sich die Probleme in den vergangenen Jahren extrem zugespitzt. Gernot Erler, Staatsminister beim Auswärtigen Amt, sagte: "Wir haben es nicht mit einem klassischen Feind zu tun haben, sondern sind im Begriff, uns selber zum Feind zu machen."
 
Wenn es nicht gelinge, dem bereits einsetzenden Klimawandel zu begegnen, könnte das zunehmend zu Konflikten in der internationalen Politik führen. Diesem Problem müsse sich auch der G8-Gipfel stellen. Es gehe um das gemeinsame Handeln der Staatengemeinschaft:  Dazu gehörten der Kampf gegen den Klimawandel und die Anpassung an die Folgen.
 
In diesem Zusammenhang unterstrich Michael Thielen, Staatssekretär im Bundesforschungsministerium, drei Notwendigkeiten. Zum einen sollte eine Innovationsinitiative mit konkretem Zeitplan entwickelt werden. Zum anderen müssten regionale Auswirkungen des Klimawandels stärker erforscht werden. Eine engere Zusammenarbeit von Ingenieurs- und Naturwissenschaften mit Sozial- und Geisteswissenschaften sei sinnvoll.
 

Folgen des Klimawandels schon sichtbar

 
In seinem Gutachten hat der Wissenschaftliche Beirat ausgewählte regionale Brennpunkte näher untersucht. Als besonders gefährdet gelte das südliche Afrika und das Gangesdelta. Millionen Menschen flüchteten dort vor Bürgerkrieg und Elend. 1,1 Milliarden Menschen lebten schon heute ohne sicheren Zugang zu ausreichend Trinkwasser. Der Klimawandel fache bereits schwelende Konflikte weiter an. Ein weiteres Beispiel sei Amazonien, wo ein Kollaps des Regenwalds unabsehbare wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen hätte.
 
Neben Entwicklungsländern seien aber auch wirtschaftlich aufstrebende Regionen wie etwa die Ostküste Chinas gefährdet. Dicht besiedelte Großstädte und industrielle Ballungszentren seien wachsenden Sturm- und Flutrisiken ausgesetzt. Das habe erhebliche ökonomische und soziale Folgen.
 

Empfehlungen an die Bundesregierung

 
Nach Ansicht des WBGU muss die Staatengemeinschaft schon in den nächsten 10 bis 15 Jahren handeln. So könnten negative Folgen für die internationale Sicherheit vermieden werden. Der Beirat empfiehlt der Bundesregierung folgende Maßnahmen:
 
  • Eine Halbierung der weltweiten Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 (bezogen auf 1990) ist notwendig. Die Industrieländer sollten sich für die Verpflichtungsperiode nach 2012 zu einer Minderung ihrer Treibhausgasemissionen um 30 Prozent bis 2020 verpflichten.
  • Die internationale Zusammenarbeit muss gefestigt werden, eine handlungsfähige multilaterale Ordnung ist notwendig.
  • Reform der Vereinten Nationen umsetzen sowie Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) stärken.
  • Entwicklungshilfe ist als Sicherheitspolitik zu verstehen. Handlungsbedarf sieht der WBGU insbesondere in den Bereichen Süßwasser, Ernährungssicherheit, Katastrophenvorsorge und Migrationspolitik. Der von der EU im Jahr 2005 beschlossene Fahrplan zur Aufstockung der Entwicklungsleistungen muss unbedingt eingehalten werden. Danach sind die Gelder bis 2010 auf 0,56 Prozent und bis 2015 auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens aufzustocken.
  • Die Bundesregierung sollte sich weiterhin am Aufbau eines globalen Frühwarnsystems beteiligen, denn die Warnung vor Extremereignissen wird immer wichtiger.

 
Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) wurde 1992 im Vorfeld der Rio-Konferenz von der Bundesregierung als unabhängiges wissenschaftliches Beratergremium eingerichtet. Die Themen der alle zwei Jahre erstellten Hauptgutachten werden vom Beirat selbst gewählt. Die Bundesregierung kann den WBGU mit der Erstellung von Sondergutachten und Stellungnahmen beauftragen.